Standort gerettet, dazu eine hochmoderne Ölpresserei am Bonadieshafen, rund 170 gesicherte Arbeitsplätze - nach dem verheerenden Brand in der alten Anlage der Bunge-Ölmühle im April 2010 war das alles nicht selbstverständlich und musste hart erkämpft werden. Nur knapp zwei Jahre nach dem Feuer hat Bunge Deutschland nun im März/April 2012 die Produktion von Rohware für Bio-Diesel sowie für Speiseöl aus Raps-Saat wieder aufgenommen.
Aufatmen in der Firmenleitung, bei den Beschäftigten, aber auch im Rathaus. "Das Werk ist nicht wiederzuerkennen", staunt Erster Bürgermeister Christian Specht bei einem Ortstermin. Weil alle, auch die Behörden mit zügigen Genehmigungen, an einem Strang gezogen haben, konnte der 37 Meter hohe Neubau mit zwei Produktionsstraßen in kürzester Zeit hochgezogen werden, betonen Stadt und Unternehmen.
"Normalerweise braucht man dafür Minimum 18 Monate Planung und 18 Monate Bauzeit. Wir haben es in der Hälfte geschafft und die Zeit seit dem massiven Brand optimal genutzt, um uns von uralt auf modern zu trimmen. Wir sind jetzt technisch top-ausgestattet, hoch effizient und absolut konkurrenzfähig", informiert Managing-Director Bernd Koelln bei der Werkbesichtigung Specht und den Chef der Berufsfeuerwehr Thomas Schmitt. Eine Investitionssumme will der Manager allerdings nicht nennen. Er spricht von "einem zweistelligen Millionenbetrag im mittleren Bereich, der zu etwa 85 bis 90 Prozent von der Versicherung bezahlt wurde".
Rückblende: Am Montag, 26. April 2010, brennt um die Mittagszeit das markante Pressereigebäude im Werk. Menschen kommen nicht zu Schaden, aber der alte Backsteinbau wird durch die enorme Hitze der brennenden Ölfilter so stark beschädigt, dass Feuerwehr und Statiker den Zutritt aus Sicherheitsgründen sperren - bis heute. "Risse in der Wand, verbogene Eisenträger, die Decke zwischen dem dritten und vierten Stock nach unten gebrochen", schildert Koelln die Situation des "Sorgenkinds". Innerhalb von 14 Tagen habe dann die Konzernleitung den Entschluss gefasst, eine neue Anlage zu bauen. Für diese Entscheidung hätten die Mannheimer Bunge-Leute intensiv gekämpft.
Aber erstmal steht die Ölmühle über Monate still. Was passiert mit den Mitarbeitern? Kurzarbeit droht, die Arbeitsagentur wird eingeschaltet. Dann stellt sich heraus, dass die Betriebsausfallversicherung die Löhne weiter bezahlt. "In den 15 Monaten haben unsere Leute geputzt, Maschinen gewartet und alte Leitungen abgebaut", berichtet Koelln. Bis es im Frühjahr 2012 wieder losgeht: Wo früher 17 Ölpressen den Raps bearbeiteten, sind heute nur noch sechs am Werk. Das spart, so Koelln, allein 20 Prozent Stromkosten und bis zu 28 Prozent Prozessdampf. Und kostet nun die effektivere Produktion Arbeitsplätze? "Daran ist im Moment überhaupt nicht zu denken", versichert der Manager.
Im Moment wird der Abriss des brandgeschädigten Backsteinbaus für 2013 geplant. Hier könnte für Bunge eine neue Löschanlage für die Schiffstransporte entstehen, so die Überlegungen. "Aber jetzt lassen sie uns erstmal Luft holen", sagt Bernd Koelln, ehe sich Specht und Schmitt zusammen mit Technik-Chef Andreas Vogt aufmachen, um die Produktionsstätte zu inspizieren. Dabei stehen die Brandschutzmaßnahmen mit Löschwassertanks, Sprinkleranlage und Notgeneratoren sowie die neue Leitzentrale ("Raumschiff Enterprise") im Mittelpunkt des Interesses. "Alles optimal umgesetzt", so das Fazit des Kommandanten der Berufsfeuerwehr. Entscheidend sei immer, sich bei solchen Projekten bereits im Vorfeld mit der Feuerwehr ganz genau abzusprechen. Schmitt: "Das hat bei uns mit Bunge schon am Tag nach dem Brand begonnen."
© Mannheimer Morgen, Donnerstag, 21.06.2012